In diesem Blogartikel erkläre ich, warum ich bei Diversity Themen für mehr Bewusstsein, statt Schuld, Scham und Schande bin. Ich frage mich „wohin mit der Wut?“, untersuche ob es sich um Bequemlichkeit, Ignoranz oder Machtgebaren dreht und erkläre, warum Vorträge zum Thema nicht reichen.
Auch wenn ich selbst Vorurteile erlebt habe und Gefühle von Wut und Ohnmacht kenne, wenn Menschen, die nicht davon betroffen sind, diese einfach als „unwichtig“ oder „nicht vorhanden“ abtun: In meiner Arbeit geht es mir darum, das Bewusstsein für die Themen zu erhöhen, statt Schuld, Scham und Schande zu verbreiten.
Mehr über meine Haltung und mich erfahren Sie hier.
Das finden Sie in diesem Blogartikel
Wohin mit der Wut?
Der „Kollege“, der meine Interview-Antworten aus einer Hochschulzeitung fast 1:1 übernommen und sich damit in einer der großen deutschen Zeitungen platziert hat.
Die zwei Wissenschaftler auf meiner ersten Konferenz – als junge, aufgeregte Doktorandin – die mich nach meinem Vortrag in der Fragerunde abschätzig fragten, „wer mich denn bitteschön eingeladen hat“ und später zu mir kamen, und meine Literaturliste haben wollten.
Es ist nichts Neues, dass Frauen*, die sich trauen, sichtbar zu werden, abgewertet, benutzt und übersehen werden. Jede Frau, die ich kenne, hat zahlreiche Geschichten dazu auf Lager.
„Geniale Frauen„, auf ARTE erzählt aktuell dazu die Geschichte von Frauen, die die Menschheit geprägt haben, dabei aber „irgendwie“ in Vergessenheit geraten sind.
Diese Themen anzusprechen, ist fast nicht möglich. Die aufkochende Wut auszudrücken, macht Dich unmöglich. Die wenigsten können mit der vollen emotionalen Bandbreite einer Frau wirklich präsent sein.
Du giltst als „hysterisches Weib“, sollst mal aufhören, Dich „immer als das Opfer“, zu sehnen, oder „Dich einfach mehr anstrengen, wenn Du ganz nach oben kommen willst.“
Dieses Gaslighting hat mich früher verwirrt und später ganz schön wütend gemacht.
Bequemlichkeit, Ignoranz oder Macht?
Wenn Du darüber sprichst, dass Frauen in Deutschland 2022 immer noch weniger verdient haben, als Männer und Du darüber belehrt wirst, dass das nicht stimmt.
Ist das Bequemlichkeit, Ignoranz oder geht es um Macht?
Wenn Du hörst, dass Frauen sich mehr anstrengen müssen, wenn Sie nach oben wollen. Aber „Was, wenn Frauen gar nicht (mehr) wollen“ fragt auch Robert Franken? Sind diese Durchhalteparolen nicht: “ … ein zynischer Selbstschutz? Verhalten wir uns so, gerade weil wir wissen, wie es in vielen Unternehmen, Parteien oder Wissenschaftseinrichtungen aussieht? Indem wir suggerieren, Frauen könnten alles erreichen, kehren wir die Verantwortlichkeiten um. Denn wer es dann nicht „schafft“, die hat sich vielleicht nicht gut genug angestrengt?“
Warum Schuld, Scham und Schande nichts bringen
Was also tun? Wütend werden? Beschuldigen und beschämen?
Oder alles herunterschlucken und irgendwann mit der angehäuften Galle die ganze Umgebung verpesten, oder noch schlimmer: alles drinnen lassen und krank werden an der über Generationen hinweg angehäuften Wut?
Seit 2010 übe ich fast täglich die friedfertige Kampf- und Kontaktkunst Aikido. Das waren bis heute schätzungsweise 3000 Übungsstunden. Damals entstanden aus dem tiefen Wunsch, Friedfertigkeit zu lernen, um besser mit Konfliktsituationen im Alltag umgehen zu können.
Denn trotz Psychologiestudium brachte mich das ganze Wissen zum Thema Kommunikationstechniken und Konfliktlösungsstrategien nicht wirklich weiter.
Ich habe mich gefragt: wie geht guter, zwischenmenschlicher Kontakt? Vor allem dann, wenn jemand (z. B. kulturell) ganz anders ist als ich. Wie kann ich mit verbalen Alltags-Angriffen besser umgehen?
Ich wollte wissen: Wie kann ich besser reagieren, wenn ich von meinen Gefühlen überrannt werde? Was tun, wenn mich etwas mächtig emotional triggert?
Meine übliche Reaktion: fight, flight or freeze.
Da helfen auch die besten, psychologischen Kommunikationstechniken nicht weiter, weil ganz alte Bereiche im Hirn und in unserem „Emotional-Körper“ angetriggert werden.
Ich fragte mich: Wie stattdessen friedfertig reagieren?
Im Aikido übe ich, das „angegriffen werden“ möglichst friedfertig in die Hand zu nehmen. Die Angreifenden und mich zu beruhigen und zu schützen. Das erfordert eine enorme mentale, körperliche und emotionale Leistung. Und richtig viel Übung, um das automatische, innere Reiz-Reaktions-System „umzuprogrammieren“.
Ich übe noch!
Wenn ich diese Situation auf den Alltag und unser Thema übertrage, dann wird schnell klar: Die meisten Menschen können auf unsere Wut nur mit Kampf, Flucht, oder Einfrieren reagieren.
Warum Vorträge zum Thema nicht reichen
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich kann hunderte Bücher lesen zum Thema gesunde Ernährung, das ändert aber noch lange nicht mein Essverhalten. Wir Menschen sind gar nicht so rational handelnde Wesen, wie wir oft meinen.
Ein rein theoretischer Vortrag zum Thema „Unbewusste Vorurteile“ wird also alles Mögliche auslösen. In der Regel aber keinen inneren Willen etwas zu verändern.
Es braucht etwas anderes, damit ich wirklich losgehe und etwas verändere: Ich muss an mein Unterbewusstsein, das 90-99 % meines Verhaltens steuert. Mit Theorie komme ich da nicht ran.
Daher arbeite ich auch psychologisch und mit dem Unterbewusstsein: in meinen Workshops triggere ich bei den Teilnehmenden – durch verschiedene Methoden – jene Bereiche im Gehirn, die den Wunsch nach Veränderung aktivieren.
In einem zweiten Schritt gehen wir dann daran – innerhalb ihres Einflussbereiches – das System neu und inklusive zu designen.
Fazit
Ja, wir sind wütend über Ungerechtigkeiten und Ignoranz. Und diese Wut sollte nicht unterdrückt werden, denn das macht krank. Aber die Wut einfach unkontrolliert herauszulassen, führt zu Krieg und bringt keine Veränderung.
Vielmehr geht es darum, dass Bewusstsein der Menschen zu erreichen und hier die Motivation für Veränderungen zu triggern.
Deshalb bin ich für mehr Bewusstsein, statt Schuld, Scham und Schande.
Was sind Ihre Erfahrungen?
2 Gedanken zu „Warum „Schuld, Scham und Schande“ bei Diversity Themen nichts bringen und ich für mehr Bewusstsein bin.“