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Dr. Iris Wangermann

Wie Sie als Expatriate den Kulturschock überleben!

Eine Anleitung für Expatriates, Führungskräfte und internationale Teamleader*innen.

Jede*r kann sich in einer fremden Kultur einleben und den Kulturschock überwinden! Im Laufe dieses Artikels werde ich Ihnen eine Vielzahl Tipps dazu geben. Sie werden verstehen, was ein Kulturschock ist, warum er alle von uns trifft und wie Sie sich am besten rüsten, der klassischen Expatriate-Depression die Stirn zu bieten.

AM ANFANG WAR DER HONEYMOON

Ich dachte immer, ich bin ein toleranter, weltoffener Mensch. Bis ich mit 16 ein Schuljahr in den USA verbrachte. Anfangs fand ich alles super! Alle waren so nett und aufgeschlossen. Nach zwei Wochen dachte ich, ich hätte 20 neue Freund*innen. Und das Essen: diese unglaublich großen Portionen. Eis in zwei Liter Portionen! Mexikanisches Fastfood! Mein Teenager-Herz fühlte sich wie im Schlaraffenland. Die Schule war easy going. Meine Gastfamilie total nett. Ich dachte mir: ich bin im Paradies gelandet!

Doch das Hoch dauert nicht ewig. Nach vier Monaten saß ich hochdepressiv in meinem neuen Zuhause. Zwei von den 20 „friends“ waren übrigen geblieben. Die anderen hatten gesagt: „Yeah, lets meet-up again soon.“ Daraus ist aber nie etwas geworden. „Total oberflächlich“ fand ich die US-Amerikaner*innen deshalb.

AUF DEM WEG NACH UNTEN – BEIM ERSTEN MAL TAT'S NOCH WEH

Meine anfängliche Euphorie war also futsch. Alles ging mir jetzt auf die Nerven. Ich konnte zum Beispiel nicht Fahrrad fahren. Wenn ich wo hin wollte, musste ich immer meine Gastmutter oder meinen Bruder fragen. Das war ich aus Deutschland gar nicht gewöhnt. Klar hatte ich das vorher gewusst, aber nie damit gerechnet wie sehr mir meine gewohnten, alltäglichen Dinge abgehen würden.

Auch hatte ich große Schwierigkeiten die ganzen „hidden rules“ zu verstehen. In der Schule kam ich mir langsam und Tolpatschig vor. Keiner verstand meine Witze und in Diskussionen konnte ich mich nicht wirklich durchsetzen.

Am liebsten hing ich jetzt mit einer anderen Austausch-Schülerin aus Honduras ab. Der ging es ähnlich schlecht wie mir. Unsere Lieblingsbeschäftigung: Lästern über „die Amis“.

KULTURSCHOCK ODER: ICH HASSE ALLES HIER!

Nach sechs Monaten war ich an meinem absoluten Tiefpunkt. Heimweh und keine Lust mehr. Und ein Gespräch mit meiner Mentorin. Die sagte zu mir: Du hast einen Kulturschock. Das ist ganz normal.

What? Ich hatte vorher immer gedacht „einen Kulturschock haben“, bedeutet geschockt zu sein, wenn man etwas Unbekanntes oder Schräges in einer anderen Kultur sieht. Wie gegrillte Insekten. Oder merkwürdige Tänze. Da ich ja aus einer deutsch-österreichischen Familie stamme, sind kulturelle Unterschiede seit meiner Kindheit Teil meines Lebens. Mich betrifft das nicht, dachte ich. Nie hätte ich gedacht, dass sich Kulturschock wie eine Depression anfühlen kann.

WAS IST EIN KULTURSCHOCK?

Die Kulturschock-Phasen wurden sogar wissenschaftlich erforscht. Dabei stellte sich heraus, dass sie bei den meisten Menschen in etwa so aussehen:

  • Honeymoon: Die Zeit der rosaroten Brille. Alles ist anregend und aufregend. Sie fühlen sich euphorisch und wie im Urlaub.
  • Kulturschock – die Krise: Das erste Heimweh stellt sich ein. Sie fühlen sich fremd in der neuen Umgebung. Sie wissen nicht so recht, wie Sie sich in den alltäglichen Kontaktsituationen am Arbeitsplatz, in zwischenmenschlichen Gesprächen mit den Nachbar*innen oder auf dem Markt verhalten sollen. Sie trauern dem alten Zuhause nach. Dort war alles viel schöner! Sie konnten alle Gesten und Untertöne Ihrer Mitmenschen ohne Probleme deuten. Hier ist alles so anstrengend! Ihre Leistungsfähigkeit nimmt deutlich ab und Ihr Gefühlsleben ist durcheinander.
  • Anpassung/Erholung: Langsam verstehen Sie die Werte und Gepflogenheiten des Gastlandes. Sie haben Eigeninitiative bewiesen und sich ein Netzwerk von Freund*innen aufgebaut. Sie sorgen für sich selbst. Sie finden heraus, was Sie brauchen und was vor Ort möglich ist. Je stabiler und ausgeblichener Ihr Selbstwertgefühl, desto freier können Sie jetzt auf Ihre Umwelt zugehen. Sie haben frische Ideen und es ergeben sich spannende Projekte. Der Auslandsaufenthalt wird zur einzigartigen Chance.
  • Rückkehrer*innen-Kulturschock: Wenn Sie wieder zurück in Ihre alte Heimat kommen, wird Sie vermutlich der Rückkehrer*innen-Kulturschock treffen. Die alte Heimat scheint sich nicht verändert zu haben. Sie aber schon. Einige alte Freunde interessieren sich irgendwann nicht mehr für die Geschichten aus dem Ausland oder können ihnen nicht mehr folgen. Vieles ist total vertraut. Vieles nervt. Warum sind die Deutschen so unfreundlich? Kann denn hier niemand lächeln? Überall diese absurden Regeln. Wenn Sie sich geschickt anstellen, dann integrieren Sie nach einiger Zeit die neue Kultur in Ihre Ursprungskultur. Je nach Person mit der sie es nun zu tun haben, können Sie dann zum Beispiel sachlich sein (mit Deutschen), oder beziehungsorientiert (mit ItalienerInnen). Das nennt man erfolgreiche interpersonale, Interkulturelle Kompetenz.

 

DIE ERKENNTNIS: WENN ICH MICH NICHT ÄNDERE, ÄNDERT SICH NICHTS!

Nachdem ich mir mit meiner Mentorin in den USA den Frust von der Seele geredet hatte, sagte Sie mir: aus diesem Tief kann Dich nur eine einzige Person herausholen: Du. Das hatte gesessen! Ich wusste, dass sie recht hatte. War mir das peinlich.

EINE STRATEGIE MUSSTE HER, NUR WELCHE ...

Als Erstes sprach ich mit meiner Freundin aus Honduras und wir vereinbarten, dass wir nicht mehr über die Amis lästern. Dann begann ein langer, etwas mühsamer Weg, mir ein Netzwerk aus richtigen Freund*innen aufzubauen. Gar nicht so leicht, mit meiner Depression. Pro-aktiv war hier das Zauberwort. Kein Mensch hat in einer anderen Kultur nur auf Sie gewartet!

BEIM ZWEITEN MAL NICHT MEHR SO SEHR

Bei meinem zweiten Auslandsaufenthalt war ich schon etwas schlauer. Als Studentin ging ich für fünf Jahre nach Österreich. Ich entschied mich für eine Wohngemeinschaft, um mit Österreicher*innen zusammenzuleben. Ich wählte bewusst den direkte Kontakt mit den Locals.

Ich vermied andere Austausch-Studierende, die frustriert über Österreich lästerten. Von Anfang an bemühte ich mich diesmal pro-aktiv darum, ein Netzwerk aus Freund*innen aufzubauen. Das Ergebnis: der Kulturschock kam zwar auch: aber lange nicht so stark. Und als ich so weit war, hatte ich ein tragendes Netzwerk an Freund*innen, die halfen meine schlechte Stimmung aufzufangen.

BEIM DRITTEN MAL: DEN KULTURSCHOCK ROCKEN!

Nach fünf Jahren Österreich ging ich für zwei Jahre nach Italien. Alles, was bisher gut funktioniert hatte, machte ich weiter. Ich wohnte in einer italienischen WG und vermied die Erasmus-Community (internationale Austausch-Studierende) so gut wie möglich, außer um ein paar internationale Kontakte zu knüpfen.

Ich passte mich außerdem kompromisslos dem italienischen Rhythmus an: Zum Frühstück gab es einen Café und ein Cornetto, natürlich an der Eck-Bar im Stehen. So wie die Römer*innen das eben machen. Abendessen frühestens um 9:00 Uhr Abends, mit einer großen Runde italienischer Freund*innen.

WIEDER ZURÜCK UND WIEDER ALLES ANDERS

Nach sieben Jahren unterwegs, zog es mich dann wieder zurück nach Deutschland. Das war erst mal seltsam. Weil mir vieles super-vertraut war, sich vieles aber auch schräg anfühlte. Direkt bei meiner Ankunft ging ich zum Bäcker und parkte meine großen Koffer vor der Ablage und schaute mich um. „Den Koffer da weg!“ Wurde ich von der Bäckerin sehr direkt angeraunzt. „Welcome back to Germany!“ dachte ich, als ich mich von dem kurzen Schock erholt hatte. Welcome back Kultur-Schock!

Wer schreibt hier eigentlich?

Hallo, ich bin Iris! Ich bin Interkulturelle Diplom-Psychologin, interaktive Workshop-Facilitatorin, Forscherinnen-Seele, Bloggerin & Speakerin aus Köln. Ich bin Expertin für Inclusive Leadership, Intercultural Teambuilding und liebe Schokolade.

1 Gedanke zu „Wie Sie als Expatriate den Kulturschock überleben!“

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